Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik

Energie-Staatssekretär zu Gast beim 5. Wuppertaler Energie-Forum 2020

Der Umbau des Energieversorgungsystems in Deutschland, der auch als Energiewende bezeichnet wird, ist eine zentrale wirtschaftliche, ökologische und technische Herausforderung und ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der nationalen und globalen Klimaschutzziele. Der Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Markus Zdrallek will zum Gelingen der Energiewende beitragen und veranstaltet daher alle zwei Jahre an der Bergischen Universität Wuppertaler Energie-Forum, am 13.02.2020 schon in der fünften Auflage . Rund 300 Gäste waren der Einladung auf den Campus Freudenberg gefolgt.

Das 5. Energie-Forum in Wuppertal war mit fast 300 hochkarätigen Teilnehmern aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland ein großer Erfolg (v.l.n.r.): Dr. Michael Schwan (Siemens AG), Prof. Dr. Lambert T. Koch (Uni-Rektor), Andreas Feicht (Staatssekretär), Dr. Matthias Krumbeck (Westnetz GmbH), Prof. Dr.-Ing. Markus Zdrallek (Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik), Ekkehard Boden (Stadtwerke Neuss GmbH), Dr. Ulrich Groß (Rheinische NETZGesellschaft mbH) und (n.a.d. Bild) Dr. Hendrik Adolphi (Netze BW GmbH). Foto: Mutzberg

„Wir wollen mit dem Wuppertaler Energie-Forum sowohl einzelne Bausteine als auch Gesamtlösungen zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende liefern. Präsentiert werden diese Projekte von hochrangigen und renommierten Vertretern der Energieversorgungsbranche. Dieses Mal mit dem besonderen Fokus auf Elektromobilität und Sektorenkopplung“, so Prof. Zdrallek.

Der Rektor der Bergischen Universität, Prof. Dr. Lambert T. Koch begrüßte die Zuhörer. Er betonte, dass die Forschungen im Bereich Energieversorgungstechnik ein wesentlicher Teil für eine der sechs Profillinien der Bergischen Universität sind. Die Ergebnisse der Profillinie UMWELT, ENGINEERING UND SICHERHEIT sollen Verbesserungen für die Gesellschaft bringen und sich im Sinne der Nachhaltigkeit schnell durchsetzen. Hierfür könne das Wuppertaler Energie-Forum einen wesentlichen Beitrag leisten.

Der großen Bedeutung der Forschungsthemen des Lehrstuhls für Elektrische Energieversorgungstechnik für die Profilbildung der Universität entsprechend hob Prof. Koch zwei aktuelle Projekte zur Erweiterung der Infrastruktur des Lehrstuhls hervor, die sich z.Z. im Aufbau befinden:

  • Das Smart Grid und E-Mobility Labor am Campus Freudenberg steht kurz vor der Fertigstellung und wird im Frühsommer dieses Jahres eingeweiht. Hier können bereits jetzt sowohl eigene Entwicklungen des Lehrstuhls als auch Produkte Dritter unter realen Netzbedingungen vollumfänglich geprüft werden.
  • Der Aufbau des „NRW Kompetenzzentrums Zustandsbewertung“ schreitet gut voran. Mit einem Aufwand von 2 Mio. € wird die Hochspannungshalle zu einem modernen Kompetenzzentrum ausgebaut.


Herausragend war gleich zu Beginn der Eröffnungsvortrag von Herrn Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Herr Feicht berichtete über aktuelle Impulse und politische Richtungsentscheidungen zur Energiewende, die durch die Bundesregierung gegeben werden. Er wies darauf hin, dass sich die Energieversorgung immer im Spannungsfeld der drei Kriterien „Bezahlbarkeit“, „Versorgungssicherheit“ und „Umweltverträglichkeit“ bewegen müsse.

Herr Feicht skizzierte stringent logisch und gut nachvollziehbar, wie sich die Bundesregierung einen geordneten Ausstieg aus der Kohleverstromung zur Erreichung der Klimaziele vorstellt, mit dem die zuvor genannten Kriterien auch in der erforderlichen Transformationsphase eingehalten werden können. Aufgrund des politisch erzwungenen Kohleausstiegs ergeben sich Fragestellungen für die Märkte und für die vorhandene Infrastruktur. Für die daraus resultierenden Probleme (z.B. besteht die Gefahr unterschiedlicher Preiszonen) müssen rechtzeitig geeignete Lösungen gefunden werden.

Herr Feicht erläuterte, dass ein wesentliches Element für das Gelingen der Energiewende der Ausbau der Netze sei. Es sei zwar vieles auf dem Weg, aber insgesamt komme der erforderliche Ausbau zu langsam voran. Dies werde zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Umsetzung des Kohleausstiegs haben.

Er hob hervor, dass die sich die Energiewende nicht nur auf die Versorgung mit elektrischer Energie beschränken dürfe, sondern dass natürlich auch die Bereich Wärmeversorgung und Mobilität mit einbezogen werden müssen. Als dekarbonisierendes Element wird dabei der Wasserstoff zukünftig eine zentrale Rolle spielen.

Im Anschluss an den Eröffnungsvortrag von Staatssekretär Andreas Feicht folgten weitere Fachbeiträge zu aktuellen Projekten des Lehrstuhls für Elektrische Energieversorgungstechnik, die in Kooperation mit Unternehmen der Energieversorgung und der Energietechnik bearbeitet wurden.

Dr. Michael Schwan, Leiter der Leiter, Power Technologies International (PTI), Siemens AG, referierte über „Auswirkungen der Energiewende auf die Versorgungszuverlässigkeit von Verteilungsnetzen“. Er stellte fest, dass sich aufgrund der durch die Energiewende erforderlichen Transformationsprozesse vor allem die Verteilnetze kurzfristig sehr umfangreich verändern werden. In einem von PTI, der Bergischen Universität und drei Verteilnetzbetreibern durchgeführten Projekt wurde untersucht, wie sich diese Transformationsprozesse auf die Zuverlässigkeit der Netze auswirken werden. Es konnte in diesem Projekt nachgewiesen werden, dass die Zuverlässigkeit beim Netzausbau mit neuen Smart-Grid-Technologien auf dem gleichen Niveau bleibt wie beim konventionellen Ausbau („Intelligenz statt Kupfer“). In der Regel ist ein „smarter“ Netzausbau in der Regel sogar kostengünstiger als ein klassischer Netzausbau. Es bestehen allerdings weiter Fragen der Anerkennung der entstehenden Kosten in den Netzentgelten. Hier müssen die Regulierungsparameter entsprechend angepasst werden.

Herr Ekkehard Boden, Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss GmbH, berichtete über die „Forschung für ein ganzheitliches Quartierskonzept – Electric City Neuss“. In diesem Projekt wurde in drei ausgewählten Quartieren der Stadt Neuss der in den vergangenen Jahren so oft und so viel genannte „nächste wichtige“ Schritt in der Energiewende nicht nur als PowerPointPräsentation gedacht sondern tatsächlich auch in der Realität gegangen. Der Feldtest umfasst dabei sowohl das Stromnetz als auch das Gasnetz sowie die Wärmeversorgung (Sektorkopplung).

Dr. Hendrik Adolphi, Leiter Technisches Anlagenmanagement Strom/Gas, Netze BW GmbH, ging in seinem Beitrag „Neue Erkenntnisse zum Alterungsverhalten von Mittelspannungskabeln“ den spannenden Fragen nach „Wie altern unsere Stromnetze?“ und „Gibt es eigentlich eine Badewannenkurve, mit der das Alterungsverhalten von Kabeln beschrieben werden kann?“. In einem Vorgängerprojekt konnte für Ortsnetzstationen gezeigt werden, dass diese ein lineares Alterungsverhalten zeigen. Gilt dies auch für Kabel? Die Kenntnis des Alterungszustands ist besonders bedeutsam für die Betreiber elektrischer Energieversorgungsnetze, da ca. 2/3 des Tagesneuwertes der Verteilungsnetze als Kabel vergraben in der Erde liegen. In dem Projekt aktuellen haben 28 Netzbetreiber Kabeldiagnosen und Prüflinge zusammengetragen. Die erhobenen Daten aus ca. 350.000 Mittelspannungskabelabschnitten wurden in einer Datenbank hinterlegt. Diese einzigartige Informationsbasis wird nun ausgewertet, um daraus Rückschlüsse auf das Alterungsverhalten und den Zustand der Kabel in den Verteilungsnetzen zu gewinnen.

Dr. Matthias Krumbeck, Leiter Spezialservice Gas, Prokurist, Westnetz GmbH und Leiter des Smart Grid Clusters des DVGW, berichtete in seinem Beitrag „Gasnetze werden „grün“ - Wasserstoff als Unterstützer der Energiewende“ über die sektorenübergreifende Verknüpfung der Infrastrukturen bei gleichzeitiger Flexibilisierung der Energienutzung. Er stellte fest, dass der Energieträger Gas zunehmend zum Partner des Energieträgers Strom werden muss, um die Dekarbonisierungsziele durch die Ablösung von Kohle und Öl durch „grünes“ Gas und „grünen“ Wasserstoff zu erreichen. Dabei bietet Gas im Vergleich zu Strom einige Vorteile. Durch die Effizienzsteigerung im Wärmemarkt ergeben sich freie Kapazitäten in der bereits bestehenden Gasinfrastruktur. Es existieren erhebliche Speicherkapazitäten in vorhandenen Gasspeichern. Beim Transport verfügt Gas über eine größere Energiedichte im Vergleich zu Strom.

Im letzten Fachbeitrag berichtete Dr. Ulrich Groß, Geschäftsführer der Rheinischen Netzgesellschaft mbH in Köln über „Mittel- und langfristige Auswirkungen der Elektromobilität auf ein (groß-)städtisches Netz“. Er ging dabei der Frage nach, wie stark die städtischen Netze durch den Zuwachs der Elektromobilität belastet werden. Als Konsequenz aus den durchgeführten Simulationen werden die Planungsgrundsätze der Rheinischen Netzgesellschaft signifikant angepasst, um so für die Herausforderungen der Elektromobilität gewppnet zu sein. So werden in Köln in Zukunft standardmäßig Mittel- und Niederspannungskabel mit einem größeren Querschnitt verlegt, auch die Besmessungsleistung der Ortsnetztransformatoren wird gegenüber dem heute gültigen Standard auf 800 kVA angehoben. Die Untersuchungen ergaben, dass der überwiegende Anteil des erforderlichen Netzausbaus allerdings erst in den Szenarien nach 2025 anfallen wird. Die Auswirkungen durch den Zuwachs der Elektromobilität auf die Umspannwerke sind nur langfristig und punktuell. Der überwiegende Investitionsbedarf wird in den Niederspannungsnetzen entstehen. Insgesamt bleibt der Ausbaubedarf zur Integration der Elektromobilität überschaubar und kann durch ein netzdienliches Lademanagement erheblich reduziert werden.

Die engagiert und zum Teil kontrovers geführten Diskussionen im Anschluss an die jeweiligen Fachbeiträge wurden im Anschluss des Energie-Forums bei einem Get-together fortgeführt. Insgesamt waren sich die Teilnehmer einig, dass das Wuppertaler Energie-Forum auch in diesem Jahr wieder sehr interessante Einblicke in hochaktuellen Entwicklungen der Energieversorgungsbranche bot und alle Teilnehmer zu einem intensiven Gedankenaustausch anregte, der sicher noch weit über die Veranstaltung hinaus wirken wird.

Das nächste Wuppertaler Energie-Forum wird im Januar 2022 stattfinden.

Tagungsband

Der Tagungsband des 5. Wuppertaler Energie-Forums ist als Band 26 der Schriftenreihe Neue Energie aus Wuppertal veröffentlicht und kann auf der Website der Universitätsbibliothek abgerufen werden (Link).

Fotos und Bericht

Einen ausführlichen Bericht über das 5. Wuppertaler Energieforum finden Sie hier.

Einen Pressebericht über das 5. Wuppertaler Energieforum finden Sie hier.

Eine Bildergalerie finden Sie hier.

Weitere Infos über #UniWuppertal: